(nach einem Kindermärchen von Fernàn Caballero)

 

 

Es war einmal ein Vater, der hatte eine wunderschöne, aber auch sehr eigensinnige and starrköpfige Tochter.

Da stellten sich drei junge Männer -einer hübscher als der andere- dem Vater vor and baten ihn um die Hand seiner Tochter. Er fand Gefallen an allen dreien and fragte seine Tochter, welcher von ihnen ihr am liebsten wäre. Die Tochter wollte alle drei.
"Aber Töchterchen, das geht doch nicht", sagte der Vater.
"Ich nehme alle drei oder gar keinen!" antwortete die Tochter.
"Nun mal im Ernst, Mädchen", wiederholte der Vater seine Frage, "welchem von den dreien willst du dein Jawort geben?"
"Allen dreien!" antwortete das Mädchen wieder. Und davon ließ sie sich auch nicht abbringen.

Der arme Vater wurde ganz traurig, and er erzählte den drei Freiern, daß seine Tochter sie alle drei wolle. Da dies aber nun einmal nicht möglich sei, sollten sie in die Welt hinausgehen and nach einem Ding suchen, das in seiner Art einmalig sei. Seine Tochter wolle er dann mit dem verheiraten, der das Beste and Seltenste herbeischaffe.

Die drei machten sich auf den Weg, jeder in eine andere Richtung. Nach langer Zeit trafen sie jenseits des Meeres wieder zusammen. Noch hatte keiner von ihnen etwas finden können, das einmalig in seiner Art war.

Verzweifelt setzten sie ihre Suche fort. Da traf der zuerst Angekommene einen alten Mann, der ihn fragte, ob er einen Spiegel kaufen wolle. "Nein", antwortete er, das wolle er nicht, denn dieser kleine and hässliche Spiegel sei ja doch zu nichts nütze. Daraufhin pries der Händler eine besondere Eigenschaft dieses Spiegels: In ihm zeigten sich alle Personen, die sein Besitzer zu sehen wünsche. Nachdem der junge Mann sich vergewissert hatte, daß das auch stimmte, kaufte er den Spiegel zum geforderten Preis.

 

Der als zweiter Angekommene traf denselben alten Mann auf der Straße, and fragte ihn, ob er ein Döschen mit Balsam kaufen wolle.

"Was soll ich denn mit diesem Balsam?" fragte er den Alten.
"Nun ja", antwortete dieser. "Der Balsam hat eine besondere Eigenschaft - er kann Tote zum Leben erwecken.
"

In dem Moment kam zufällig ein Trauerzug vorbei. Der Alte grog zu dem Sarg, gab ein klein wenig von dem Balsam in den Mund des Verstorbenen worauf dieser sich gesund and munter erhob, den Sarg auf die Schulter lud and nach Hause eilte. Als der zweite Freier das gesehen hatte, kaufte er dem Alten den Balsam zum geforderten Preis ab.

Der dritte Freier spazierte unterdessen gedankenversunken am Meer entlang and entdeckte schließlich, daß eine große Truhe auf den Wellen herangeschwommen kam. Am Strand angelangt, öffnete sich die Truhe, and unzählige Passagiere sprangen heraus. Der letzte, ein alter Mann, kam auf den Freier zu and fragte ihn, ob er die Truhe kaufen wolle.

"Was soll ich denn damit?" antwortete der Freier. "Sie taugt doch höchstens für einen riesigen Scheiterhaufen."
"O nein, mein Herr", gab der Alte zurück, " diese Truhe hat eine besondere Eigenschaft: In wenigen Stunden bringt sie ihren Besitzer and alle, die mit ihm wollen, an jedes gewünschte Ziel. Das ist die reine Wahrheit - Sie können sich ja bei diesen Leuten erkundigen. Noch vor ein paar Stunden waren sie an der Küste Spaniens."

Der junge Mann vergewisserte sich and kaufte dann die Truhe zum geforderten Preis.

Am nächsten Tag trafen die drei Freier wieder zusammen, and jeder erzählte zufrieden, daß er gefunden habe, was er begehrte, and jetzt heimkehren wolle. Der erste berichtete von seinem Spiegel. Und um ihn auszuprobieren, stellte er sich davor and wünschte, das Mädchen zu sehen, um das sie alle drei warben.

Aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie das Mädchen tot im Sarg liegen sahen!

"Ich habe einen Balsam", rief der, der das Döschen gekauft hatte, "der wird sie wieder lebendig machen." "Aber bis wir bei ihr sein können, ist sie sicher längst begraben", jammerte der Freier mit dem Spiegel. "Ich habe doch eine Truhe", sagte jetzt der, der die Truhe gekauft hatte, "die wird uns in wenigen Stunden zu dem Mädchen bringen."

 

Also rannten die drei los and stiegen in die Truhe.
Binnen weniger Stunden waren sie an Land and machten sich zu dem Dorfe auf, in dem der Vater des Mädchens wohnte.
Sie trafen ihn tief betrübt über den Tod seiner Tochter. Die drei Freier baten ihn, sie zu ihr zu führen. Als sie in den Raum kamen, in dem der Sarg stand, strich der mit dem Balsam ein wenig davon auf die Lippen der Toten.

Da stieg sie gesund and vergnügt aus ihrem Sarg, lief zu ihrem Vater and sagte:

"Verstehst du jetzt, Vater, warum ich sie alle drei brauche?"

 

 

 

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